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222655

(1990) Der Mensch inmitten der Geschichte, Stuttgart, Metzler.

Nachwort

Karl Löwith

pp. 385-388

In seinem Hauptwerk Das Prinzip Hoffnung hat Ernst Bloch das Gemälde des französischen Klassizisten Antoine Watteau, »Einschiffung nach Kythera«, als verheißungsvolles Leitmotiv eines erst noch zu erreichenden Zustands gesellschaftlicher Vollkommenheit bemüht. Karl Löwith, mit Bloch befreundet und ihm philosophisch dennoch fern, hat ein Gegenbild benutzt, um seine eigene Stellung gegenüber einer zuletzt heilsgeschichtlich versöhnten, künftigen Geschichte, die nicht die Welt der tatsächlichen Geschichte ist, zu verdeutlichen. In seinem 1961 erschienenen Aufsatz, Vom Sinn der Geschichte, kommt er auf Pieter Breughels »Sturz des Ikarus« zu sprechen, den er zum entschiedenen Dementi einer utopisch aufgeladenen Philosophie der Geschichte heranzieht: »Weltgeschichte ist wörtlich genommen ein Mißbegriff, denn weltumspannend oder universal ist nur eine von Natur aus bestehende Welt, innerhalb derer unsere geschichtliche Menschenwelt etwas Vorübergehendes ist. Sie verschwindet im Ganzen der Welt etwa so, wie auf einem Bilde von Breughel Ikarus, der nach seinem Sturz vom Himmel im Meer versinkt und von dem nur noch ein Bein sichtbar ist. Am Horizont des Meeres sieht man die Sonne, während am Ufer ein Fischer hockt und am Land ein Hirt seine Herde hütet und ein Bauer die Erde pflügt, als sei zwischen Himmel und Erde gar nichts geschehen.

Publication details

DOI: 10.1007/978-3-476-03324-6_16

Full citation:

Löwith, K. (1990). Nachwort, in Der Mensch inmitten der Geschichte, Stuttgart, Metzler, pp. 385-388.

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