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199610

(2018) Hermeneutische Künste, Stuttgart, Metzler.

Metaphorik der Interpretation

Gerhard Kurz

pp. 34-54

Interpretieren ist nicht so einfach, es umfasst viele An- und Zugänge, gerade und kurvige, vorsichtige, zarte und gewalttätige, systematische und sprunghafte, intuitive und reflektierte. Warum Gott den Interpreten diese Mühen überhaupt auferlegt, hat die Theologen des Mittelalters beschäftigt. Augustin gibt in De doctrina christiana (Von der christlichen Bildung, II, VI, 7, 10) eine theologische und diätetische Antwort: Gott will mit diesen Schwierigkeiten den menschlichen Hochmut bändigen, aber auch den Geist vor Langeweile bewahren, denn »leicht Aufgespürtes« verliert meistens und schnell an Interesse. Man kann auch sagen, er gibt eine moralische und ästhetische Antwort: Als lustvoll wird ja erfahren, wenn der Leser beim Verständnis eines Textes zunächst Schwierigkeiten, schließlich aber Erfolg hat. Ein schwieriger Text muss freilich auch Reize und Versprechen bieten, die eine längere Auseinandersetzung mit ihm als lohnend erscheinen lassen. Ob ein Text als schwierig oder nicht erfahren wird, hängt natürlich auch vom Wissen, von der Kompetenz und Bereitschaft des Interpreten ab.

Publication details

DOI: 10.1007/978-3-476-04686-4_3

Full citation:

Kurz, G. (2018). Metaphorik der Interpretation, in Hermeneutische Künste, Stuttgart, Metzler, pp. 34-54.

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