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222655

(1990) Der Mensch inmitten der Geschichte, Stuttgart, Metzler.

Existenzphilosophie

Karl Löwith

pp. 1-18

Was gegenwärtig als Existenzphilosophie die Problematik der Philosophie überhaupt bestimmt, hat seine geschichtliche Herkunft aus dem Bruch mit jener Epoche der Philosophie, welche zuletzt gekennzeichnet ist durch Hegels Vollendung des deutschen Idealismus. In Hegels bewußter Voll-endung einer mehr als zweitausendjährigen Tradition bekundet sich ein Ende und damit die Notwendigkeit eines neuen Anfangs der Philosophie. Die allgemeinsten Schlagworte, in denen sich diese Anwendung von Hegel polemisch und positiv zum Ausdruck bringt, sind: »Wirklichkeit« und »Existenz«. Diese polemische Betonung der wirklichen Existenzverhältnisse richtet sich gegen die von Hegel mit der Wirklichkeit ineins gesetzte »Vernunft« und damit überhaupt gegen die Philosophie als reine Theorie, gegen das bloß vernunftgemäße »Betrachten« und »Begreifen« der Wirklichkeit. In dieser Gegenstellung zu Hegel stimmen alle führenden Linkshegelianer der vierziger Jahre überein, mögen sie im übrigen so wesensverschieden sein wie Feuerbach, Marx, Stirner und Kierkegaard. Feuerbachs Gegenbegriff zu Hegels »abstraktem Denken« ist die »sinnliche Anschauung« und »Empfindung«, Marxens Gegenbegriff die »sinnliche Tätigkeit« oder »Praxis«, Stirners Gegenbegriff das egoistische »Interesse« und der von Kierkegaard die entschiedene »Leidenschaft« der Innerlichkeit der Existenz.

Publication details

DOI: 10.1007/978-3-476-03324-6_1

Full citation:

Löwith, K. (1990). Existenzphilosophie, in Der Mensch inmitten der Geschichte, Stuttgart, Metzler, pp. 1-18.

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